show Table of Contents
show related texts

Europa und permanenter Krieg

Sun Dec 9 14:27:30 2012

Was ist Europa? Anders als z.b. Afrika ist Europa kein kontinent. Geologisch gibt es eine 'eurasische platte', die jedoch politisch keine bedeutung hat und eindeutig nicht-europäische gebiete trägt.

Pan-europäische politische konzepte kamen erstmals nach dem '1. Weltkrieg' hervor, vor allem als reaktion auf die aufstrebenden Vereinigten Staaten von Amerika und Rußland, die als riesige, politisch-wirtschaftlich zentralisierte mächte den angestammten europäischen nationalstaaten konkurrenz machten. Doch deren unterschiedliche vorstellungen verhinderten eine einigung auf ein gemeinsames projekt.

Erst nach dem '2. Weltkrieg' brachten die USA die anfänge einer wirtschaftlichen integration mit hilfe des 'Marshall Planes', dem European Recovery Program (ERP), auf den weg. Wenige jahre später folgte die NATO.

Europa und die Europäische Union

Wie auch immer, die EG/EU war von anfang an vor allem ein projekt der großkonzerne auf der einen, und politischer großmachtbestrebungen auf der anderen seite. Unter den bürgern der europäischen staaten gab es keine nennenswerten tendenzen für eine multinationale integration.

Politisch ist EU-Europa am besten als machtanspruch zu verstehen. Zu zeiten den 'Kalten Krieges' geteilt durch die siegermächte des '2. Weltkrieges', danach strategisch ausgeweitet gen Osten bis zur Türkei und ohne interesse an einer integration Rußlands.

Es gibt noch einen anderen begriff von Europa im sinne von 'die Europäer' und 'europäisch'. Die europäischen siedler in den kolonien sind ebenfalls Europäer und die von ihnen dominierten staaten europäisch. Das sind die USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Israel. Aber auch einige länder Mittel- und Südamerikas sind sehr europäisch.

Die Europäer im sinne von 'die Weißen' sind die weiteste kategorie. Das ist einerseits ein auf herkunft basierendes konzept, andererseits auf geschichtlichen, kulturellen und kognitiven gemeinsamkeiten. Die Weißen sind eine definition von außen, also von nicht-Weißen, um die menschen der kolonisierergesellschaften zu benennen.

Europa und die Europäer sind untrennbar von den kolonialen beziehungen, welche ihre lebens- und denkweise seit jahrhunderten geprägt haben. Welchen sinn hätte Europa, wenn nicht für die multi- und transnationalen und zur machtprojektion nach innen und außen?

Zu lange schon sind wir auf denselben wegen gewandelt, seit vielen generationen. Es gab Christoph Kolumbus, den massenmörder für ruhm und reichtum, und Bartolomé de Las Casas, den moralischen gutmenschen. Beide gehören zusammen. Die händler, die truppen, die berater und die menschenfreundlichen helfer sind alle teil der mehr oder weniger integrierten kolonisierung.

Für eine umkehr der europäischen integration

Wir sind es gewohnt, über alles und jeden eine meinung zu haben, andere nach unseren maßstäben zu beurteilen, unsere kategorisierungen und denkmuster für allgemeingültig, oder zumindest für überlegen zu halten. Wir mischen uns überall ein, wie es uns gefällt, und blenden wirklichkeiten aus, die wir nicht sehen wollen.

Unsere gesellschaft scheint sowohl unwillig, als auch unfähig zur umkehr. Zu groß ist die ohnmacht und zu bequem das weitermachen. Der individualismus bietet reichlich optionen zur leugnung unserer kollektiven verantwortung. Wir können je nach bedarf sowohl als teil der gesellschaft ansprüche geltend machen und privilegien genießen, als auch als individuen verantwortung auf die gesellschaft abschieben. Die europäische ist eine kultur der lüge, gekennzeichnet durch eine immer größer werdende kluft zwischen denken und tun.

Als Europäer können wir nur auf unseren wohlstand und unsere hegemonie bauen, denn das ist unsere rolle in den kolonialen beziehungen, von denen unsere gesellschaften extrem abhängig sind. Es ist unmöglich, die phase der entkolonisierung zu überspringen. Die fundamentalen widersprüche zwischen den kolonisierern und den kolonisierten trennen 'uns' von den 'anderen'. Wir können einander nicht als gleiche begegnen. Vor allem sollten wir lernen zu schweigen, wenn es um deren angelegenheiten geht, und verantwortung für die aktivitäten unserer gesellschaft übernehmen.

Ein scheitern der europäischen integration und ein zerfall der europäischen institutionen, sowie eine damit verbundene renationalisierung und regionalisierung der politik, der rechtsvorschriften, der verordnungen und regelungen, würde die position der weltweiten Europäer wahrscheinlich ernsthaft schwächen und damit möglichkeiten für die kolonisierten öffnen, sich von den kolonialen beziehungen zu lösen und unabhängig zu organisieren. Auch für eine entkolonisierung unserer kolonisierergesellschaften scheint dies der einzig gangbare weg.

Permanenter Krieg und Massenvernichtung

Die Europäer führen permanent krieg zur durchsetzung ihrer interessen. Militärisch stützen sie sich vor allem auf die NATO-infrastruktur und ihre multinationalen interoperativen truppen, ergänzt durch allerlei hilfstruppen.

Die eskalation des krieges wurde eingeleutet mit dem überfall auf Panama im Dezember 1989. Es folgten der einmarsch von truppen aus Uganda nach Rwanda im Oktober 1990. Die USA und GB unterstützten die regierung Museveni in Uganda, welche bis heute eine politik der vernichtung der Acholi im Norden des landes betreibt. Im bis 1994 dauernden krieg um die vormachtstellung in Rwanda fanden wir die USA und GB auf der einen, Frankreich und Belgien auf der anderen seite. Die Franzosen mußten sich schließlich schmachvoll zurückziehen und konnten nur hilflos zuschauen, wie sich die USA und Briten die fette beute im Kongo mit ihren lokalen handlangern in Uganda und Rwanda teilten. Der einmarsch von truppen aus Rwanda, Uganda und Burundi in die DRKongo weitete den krieg aus und brachte millionen von toten. Die SADC (Southern African Development Community - Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft) entschied sich zur gemeinsamen militärischen verteidigung der territorialen integrität ihres mitgliedstaates DRKongo. Die DRKongo ist heute ein ohnmächtiger staat unter massivem druck streitender ausländischer interessen.

Die bombardierung des Irak im Januar/Februar 1991 schuf die voraussetzungen für ein massensterben von menschen im Irak, durchgesetzt mit hilfe von sanktionen, des embargoes und der blockade. Die bombardierung des Irak seit 1998 und dann der einmarsch US-amerikanischer truppen mit ihrer 'koalition der willigen' 2003 und die anschließende doppelbesatzung brachten weitere hunderttausende tote und eine gesellschaft im verfall. Insgesamt sprechen wir auch im Irak von mehreren millionen toten.

Afrika

Am Horn von Afrika ist seit jahrzehnten krieg. Die USA und Sowjetunion stritten hier während des 'Kalten Krieges' um einfluß. Somalia wurde 1993 von 30000 US-truppen besetzt, unterstützt von 10000 'koalitionstruppen'. Somalia wird seitdem im permanenten kriegszustand gehalten, mit angriffen der USA aus der luft und allerlei spezialeinheiten am boden, mit gewaltsamen einmärschen von truppen aus Äthiopien 2006 und Kenia seit 2011, unterstützt von den USA, GB und Frankreich, mit besatzungstruppen vor allem aus Uganda, Kenia und Burundi zur absicherung der 'international anerkannten regierung', und mit internationalen flotten entlang der somalischen küste. Das land der Somalis soll weiter zerstückelt werden.

Djibouti ('Französisch Somaliland') ist heute die größte französische ausländische militärbasis weltweit und beherbergt zudem US-amerikanische luft- und seestreitkräfte. Auf der anderen seite des Bab al-Mandab liegt Jemen, wohin der krieg ebenfalls ausgeweitet wurde.

Der Sudan ist nicht mehr, durch jahrzehnte krieg ruiniert und schließlich geteilt. Deutsche, Norweger, die USA und GB setzten mit ihrer unterstützung für die rebellen in Süd-Sudan und einer doppelstrategie von zuckerbrot und peitsche gegenüber der zentralregierung von Sudan die teilung als bedingung eines friedensabkommens. Der krieg geht im Sudan nach 2003 in der region Darfur weiter, und wurde darüber auch in den Tschad ausgeweitet.

Der krieg in Westafrika war das erste große einsatzgebiet für anbieter privater militärdienstleistungen (Private Military Services Providers). Sierra Leone und Liberia kamen unter protektoratsstatus, mit zeitweise zehntausenden offiziellen besatzungstruppen. Im letzten jahr gelang Frankreich schließlich der gewaltsame umsturz der regierung in der Elfenbeinküste, nach jahren subversiver aktivitäten gegen das land.

Libyen wurde als staat durch massive NATO bombardierung, einsatz von spezialkommandos und politische, mediale, logistische, technische und strategische unterstützung der aufständischen zerschlagen und einer der wenigen verbliebenen panafrikanischen politischen führer ermordet.

Frankreich drängt derzeit auf militärischen einmarsch in Mali, um seine einflußzone in Afrika so gut es geht zu halten. Schon seit den zeiten von Rumsfeld weiten die USA ihren einfluß in der region mit hilfe der 'Trans-Sahara Counterterrorism Partnership' aus. 'Counterterror' ist ein label für die anwendung von terror zur vorgeblichen bekämpfung von terror. Unter verschiedenen anti-terror programme wurde die anwendung von terror systematisch ausgeweitet. Derweil arbeiten die USA intensiv daran, Algerien zum strategischen verbündeten in Nordafrika zu machen.

Deutschland marschiert wieder

Die Bundeswehr war die letzten 17 jahre in Bosnien im einsatz. Immer noch sichern einige tausend NATO truppen die gewaltsame abtrennung der provinz Kosovo von Serbien, ermöglicht durch die NATO bombardierungen 1999.

Deutschland übernahm nach dem überfall und einmarsch der NATO truppen in Afghanistan 2001 auch dort eine wichtige rolle. Der beharrliche widerstand der Afghanen gegen die besatzer ließ sich jedoch bisher nicht brechen.

Die Bundeswehr ist an zwei fronten gegen Syrien eingesetzt. Im mittelmeer in libanesischen gewässern, etabliert im rahmen der politischen bedingungen, welche Libanon zur beendigung der israelischen angriffe 2006 hinnehmen mußte. Und an der nördlichen grenze im türkischen grenzgebiet in aktuellen kriegsvorbereitungen.

Der wille zur gewalt

Die aufrechterhaltung der gegenwärtigen ordnung ist nur gewaltsam möglich. Voraussetzung dafür ist ein konsequenter wille zur gewalt, letztlich alle mittel einzusetzen, unsere lebensweise und privilegien zu verteidigen. Europa bedeutet permanenten krieg, zerstörung und massenvernichtung. Krieg ist europäische normalität. Frieden nicht wirklich vorstellbar. Krieg ist für Europa notwendig, Frieden unmöglich.